IVSC veröffentlicht Neuauflage der Internationalen Bewertungsstandards (IVS)
Das International Valuation Standards Council (IVSC) hat am 31. Januar 2024 eine Neuauflage der Internationalen Bewertungsstandards (IVS) vorgelegt. Die Überarbeitung wurde notwendig, um neueste bewertungsrelevante Entwicklungen etwa in der Informationstechnologie, beim Thema ‚Big Data‘, bei automatisierten Bewertungsmodellen oder auf dem Gebiet der Nachhaltigkeit (ESG) in den Bewertungsstandards abzubilden und die damit einhergehenden Verantwortlichkeiten der Gutachter zu klären.
Der Schwerpunkt der Neuauflage liegt auf einer deutlich anwenderfreundlicheren Ausgestaltung der Bewertungsgrundlagen des allgemeinen Teils der IVS (sog. General Standards IVS 100 – 106). Die Standards wurden an vielen Stellen ergänzt und teilweise neu gegliedert, um sie transparenter zu machen und besser an die Bewertungsprozesse anzupassen.
IVS 100 (Valuation Framework) definiert die Rahmenbedingungen für IVS-konforme Bewertungen. Neue Abschnitte behandeln die Qualitätskontrolle der Bewertungsprozesse, den Umgang mit externen Dienstleistern und aktualisierte Compliance-Standards.
IVS 101 (Scope of Work) adressiert die für die Beauftragung einer Bewertung erforderlichen Grundlagen, die Vertragsinhalte und die Verantwortlichkeiten der beteiligten Parteien. Ein neuer Unterabschnitt beschäftigt sich mit der Wertermittlungsüberprüfung (value review) bzw. der Überprüfung von Wertermittlungsprozessen (process review) und definiert die hierbei einzuhaltenden Parameter.
IVS 102 (Basis of Value) und das Kapitel über Bewertungsmethoden (IVS 103 Valuation Approaches) blieben weitgehend unverändert.
Demgegenüber wird der Datenthematik ein neues Kapitel gewidmet (IVS 104 Data and Inputs), um Gutachtern Kriterien für den Umgang mit der Datenfülle, Datenquellen und Datenqualität an die Hand zu geben. Auch die Anforderungen an die Datenauswahl werden thematisiert (Genauigkeit, Vollständigkeit, zeitliche Nähe und Transparenz). IVS 104 enthält darüber hinaus einen Anhang zur ESG-Thematik. Es handelt sich um eine inhaltlich nicht abschließende Checkliste aus ESG-Faktoren, die potentiell Einfluss auf die Werte von Assetklassen haben können. Die Prämissen sind hier die Messbarkeit der ESG-Faktoren in Verbindung mit einem entsprechenden fachlichen Urteilsvermögen des Bewerters.
In IVS 105 (Valuation Models) wird die Vorgehensweise bei der Auswahl und Anwendung des fachlich einschlägigen Bewertungsmodells beschrieben. Im Vordergrund des Standards stehen die Anforderungen an das professionelle Urteilsvermögen des Bewerters und dessen Fähigkeit, auch die Grenzen der jeweiligen Modelle zu verstehen. Es wird auch klargestellt, dass automatisierte Bewertungsmodelle (AVM) nur dann als IVS-konform anerkannt werden, wenn Gutachter in diesen automatisierten Verfahren involviert waren.
Die Vorgaben für eine IVS-konforme Dokumentation werden in IVS 106 (Documentation and Reporting) neu gefasst. Der Standard geht über die alleinige Zusammenstellung von Unterlagen und die Erstellung inhaltlich vollständiger Gutachten hinaus und beinhaltet auch die Pflicht, die Entscheidung für den gewählten Bewertungsansatz und die getroffene Wertfestsetzung nachvollziehbar zu begründen.
Der besondere Teil der IVS (Asset Standards IVS 200 - 500) beinhaltet zunächst die Standards für die Unternehmensbewertung (Business Valuation IVS 200) einschließlich immaterielle Güter (Intangible Assets IVS 210), nicht-finanzielle Verbindlichkeiten (Non-Financial Liabilities IVS 220) und Inventar (Inventory IVS 230). Hier wurden hauptsächlich die technischen Anforderungen präzisiert.
Sodann folgen mit IVS 300 (Plant, Equipment & Infrastructure), IVS 400 (Real Property Interests) und IVS 410 (Development Property) die Bewertungsstandards für materielle Vermögenswerte und Sachanlagen. Auch hier wurden in erster Linie technische Ergänzungen vorgenommen, die durch die Änderungen bei den Standards im allgemeinen Teil notwendig wurden. Es gibt neue Abschnitte zur Dokumentation und zur Nutzung von Daten. Detaillierte Ausführungen zur Bewertungsmethodik für die Immobiliensparte verbessern das Verständnis und die Nutzerfreundlichkeit der IVS 400 und 410.
Der Standard zur Bewertung von Finanzinstrumenten (IVS 500 Financial Instruments) wurde grundlegend überarbeitet, um ihn an die stark gestiegene Komplexität der Kapitalmarktprodukte, die Vielfalt der Finanztransaktionen und die große Bandbreite der Marktteilnehmer anzupassen.
Das Arbeitsprogramm des IVSC für das laufende Jahr widmet sich der Problematik des Bewertungsrisikos und den damit einhergehenden Unwägbarkeiten (valuation risk/valuation uncertainty) sowie dem Umgang mit Künstlicher Intelligenz (KI) im Bewertungsprozess einschließlich automatisierter Modelle. Auch sind weitere Untersuchungen zum Einfluss von ESG-Faktoren auf Vermögenswerte geplant. Ein sog. Perspectives Paper zum ‚Property Value‘ (vgl. Basel III und Art. 229 CRR) soll das Themenspektrum des IVSC für 2024 abrunden.
Die neuen IVS treten am 31. Januar 2025 in Kraft. Weiterführende Informationen sind über die Geschäftsstelle oder IVSC (www.ivsc.org) erhältlich.
Die aktuelle Version steht HypZert Gutachterinnen und Gutachtern ab sofort der Valuers Corner zum Download zur Verfügung.